Die Amtszeit des Bürgermeisters George Becker

Jan. 1831 - 1834

 

Seine Zeitgenossen waren:

Der Rechnungsführer der Ober-Baukasse in Kassel: Arend

Straßenbaumeister: Ingenieur Althaus (1840 nicht mehr im Amt)

Chaussee-Geld-Erheber: Johannes Schneider

Schullehrer: Klingelhöfer

Ober-Schulinspektor: Pfarrer Uhrhan zu Kirchvers

 

Das Einzugsgeld

Der Bürgermeister Becker, der sich am Anfang seiner Laufbahn noch Schulze nannte, mußte sich gleich bei Dienstantritt mit dem Straßenwärter Lemmer beschäftigen. Lemmer hatte in Sichertshausen ein Wohnhaus gebaut und dadurch im Oktober 1830 Einwohnerrechte erworben. Weil Lemmer die Bezahlung des Einzugsgeldes verweigerte, ließ Becker das Geld vom Justizamt in Fronhausen gerichtlich eintreiben. Es handelte sich um folgende Rechnung, die Lemmer bezahlen sollte:

für seine Person 10 Gulden, für seine Frau 5 Gulden, für fünf Kinder für jedes 2 Gulden 16 Alb. Summa 27 Gulden 16 Alb.

 

Die Schule

In der Kirchenchronik von Treis lesen wir, daß im Jahre 1740 der zweite Schullehrer aus Treis, Johann Konrad Becker, an die Schule in Sichertshausen versetzt worden ist. (48) Im Kataster (Dorfbuch) Sicherbhausen ist im Jahre 1767 vermerkt, daß kürzlich ein Schulhaus von der Gemeinde erbaut worden sei. Es wurde von einem Schulmeister bewohnt. Seine Entlohnung, die er von jedem Mann zu bekommen hatte: 2 1/2 Metze Korn (Metze gleich Meste gleich 25 Pfund), 2 Laibe Brot, sodann 1 Gemeindslos an Besoldung.  Die Feldflur war in Lose aufgeteilt, die jeweils von Jahr zu Jahr verlost wurden. Außerdem konnte er folgende Einkünfte erwarten: Für das Läuten bei einem Begräbnis 1 Alb. 4 Heller (sowohl bei Alten als bei Jungen), bei einer Kindstaufe 1 Alb. 4 Heller. (8) Bei dem erwähnten Schulhaus handelte es sich um das Haus Nr. 38, das bis zum Jahre 1851 als Schulhaus diente und dann gegen das Haus von Johs. Stingel getauscht wurde.

Während Beckers Amtszeit wirkte der Schullehrer Klingelhöfer. Zum ersten Mal erfahren wir etwas über die Schule, in der im Jahre 1833 40 Kinder unterrichtet wurden. Klingelhöfer stellte einen Katalog zusammen, weiche Maßnahmen nach etwa 70 Jahren der Benutzung des Hauses an Reparaturen und Erweiterungen unbedingt erforderlich waren: Der Schulsaal brauchte neue Fenster, ein Abtritt mußte angebracht werden. Ein Kartoffelkeller sollte ausgehoben und gebaut werden. Eine Küche war notwendig, ebenfalls ein Aufbewahrungsraum für die Fourage. Die lebensgefährliche Treppe zur zweiten Etage mußte repariert werden. Der Gang brauchte eine neue Dielung. Die nach Norden liegende Stube, in der eben nur Ungeziefer wohnte, sollte bewohnbar gemacht werden. Die lehmlosen Wände mußten ausgebessert und das ganze Haus geweißt werden. Der Dachboden drohte einzustürzen, er brauchte dringend eine Reparatur. Zunächst reichte Bürgermeister Becker einen Kostenanschlag an das kurfürstliche Kreisamt ein, dann zog er aber ganz schnell am 20.  Juli 1833 seine Bereitschaft zu den Reparaturarbeiten wieder zurück, die Jahreszeit sei zu weit fortgeschritten, die Baumaßnahmen könnten nicht gehörig trocknen. Stattdessen wolle er den Herbst 1833 zur Vorbereitung der Arbeiten benutzen.

Beckers Amtszeit ging zu Ende, sein Nachfolger, Schultheiß Pfeffer, stellte die Kosten bei der bevorstehenden Reparatur des Schulhauses zusammen:

Handwerkslohn 61 Reichstaler 14 Alb. Die Gemeinde stellt Steine, Kalk, Holz 50 Reichstaler. Die Gesamtkosten der Reparatur 111 Reichstaler 14 Alb.

Die Gemeinde mußte das Geld borgen, denn die Gemeindekasse war »sehr arm«, in ihr »war kein Vorrat«. Sie war mit fälligen Zinsen und Schulden beladen, die noch aus den napoleonischen Kriegen herrührten. (1, 2)

 

Die Straße

Sichertsausen liegt an einer Straße, die eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen darstellt.  Im Jahre 1832 plante die Behörde in Marburg eine Erweiterung der Frankfurter Straße im Dorfe Sicherthausen und forderte von Ingenieur Althaus ein Gutachten an, das wir hier etwas gekürzt bringen:

 

Technisches Gutachten

Über die Verbesserung der Staße im Dorfe Sichertshausen nach beliegendem Plan und Kostenanschlag.

 

Eine der übelsten Passagen auf der Frankfurter Straße ist die Straßenstelle im Dorfe Sichertshausen. Die Mängel:

1. von dem Wegegelderheberhause bei A hat die Straße im Mittel nur 18 Fuß Breite,

2. die Straße ist im Dorf in einem rechten Winkel geführt,

3. die Wendung der Straße um die vorspringende Gartenmauer ist gefährlich,

4. das beständig fließende offene Wasser, welches in der Ausdehnung in Winterzeiten die Straße so mit Eis überlegt, daß hier Frachtwagen umgefallen sind und die Straße zuweilen beinahe unpassierbar wird.

 

Eine Verbesserung der Straße würde demnach bestehen müssen

1. in einer Erweiterung derselben bis auf die Normalbreite von 30 Fuß,

2. in Verbesserung der Wendungen so, daß nur sanfte Bögen vorkommen, die von allen Fuhrwerken und in Begegnungsfällen mit Leichtigkeit passiert werden können,

3. in einer solchen Wasserleitung, daß die Fuhrwerke gegen Beschädigungen gesichert werden und die Fahrbahn zu allen Jahreszeiten gut und passierbar ist.

Wollte man nach diesen Grundsätzen die Straße hierselbst verbessern, so mußte man Hofräume vor den Häusern ankaufen, ebenso Häuser und Scheunen ankaufen und wegräumen, Gartenmauern und Gärten angreifen.  Aber das Hauptübel des nachteiligen Wasserlaufs und dessen Folgen kann nicht behoben werden, weil bei der schon früher zur Sprache gebrachten Ableitung des Wassers - welches sich in einem bedeckten Kanale nicht ableiten läßt - die Gemeinde Sichertshausen auf das Feierlichste protestiert und dabei zwei Gründe angegeben hat, daß nämlich: nicht das aus den Hohlwegen herkommende Wasser allein der Straße schade, sondern dies mehr das Quellwasser sei, weiches dort entspringe und die Gemeinde dieses offene Wasser zu ihrem Ökonomiebetriebe und zur Viehtränke notwendig in der dermaligen Lage behalten müßte.

 

Alle jene Nachteile werden vermieden und nach den Vorschriften der Technik werde eine gute Straße erlangt, wenn man den alten Dorfweg verläßt und die Straße in einer anderen Richtung durch das Dorf führet, wo die meisten Häuser desselben rechts liegen bleiben.  Diese Richtung ist durch die Linie AB bezeichnet.  Gleich beim Punkt A, beim Hause, wo das Wegegeld erhoben wird, würde eine sanfte Steigung beginnen, so daß alle Fuhrwerke mit Leichtigkeit und Bequemlichkeit die Straße passieren können.  Diese Straßenführung würde ferner den Vorteil bringen, daß die nachteilige Wirkung des Wassers gänzlich beseitigt ist, indem der Hohlweg bei 9 1/2 Fuß ausgefüllt und mit einem Kanale versehen wird, ohne die Benutzung des Wassers im Dorfe zu stören, weiches seinen natürlichen Lauf behält.  Bei dieser Richtung würde nur ein kleines altes Wohnhäuschen und eine Scheune weggeräumt werden müssen, statt daß man bei einer Führung durchs Dorf beinahe die Hälfte der Gebäude hätte ankaufen und wegräumen müssen.  Die projektierte Straße würde diejenige sein, die am wohlfeilsten zu bauen stehet, am wenigsten Grundankäufe erfordert, die Dorf- und Flurverhältnisse nicht stört und deren Bau von den meisten Einwohnern in Sichertshausen gewünscht wird.

Die alte Straße von C nach D und weiter bis zur Landesgrenze ist sehr steil und kann durch eine Serpentine, die durch wenig ergiebige Felder führt, gebessert werden.  Der Plan zeigt deutlich die dermalige Beschaffenheit und die projektierte Verbesserung.

 

Marburg, 15.  Oktober 1832          Althaus, Ingenieur

 

Im Dorf verbreitete sich die Kunde, daß eine Umgehungsstraße gebaut werden sollte.  Bürgermeister Becker sah sich veranlaßt, im Dezember 1832 folgenden Brief an die kurfürstliche Oberbaudirektion zu schreiben:

 

Kurfürstliche Ober-Bau-Direktion!

Ich habe in Erfahrung gebracht, daß die Heerstraße, welche jetzt durch das Dorf Sichertshausen zieht, links von Sichertshausen durch das Feld geführt werden soll, wenigstens einer der verschiedenen vorgelegten Pläne hierauf geht.

Die Sorge für das Wohl der Gemeinde, welche mir rechtlich aufliegt, macht es mir zur Pflicht, kurfürstlicher Ober-Bau-Direktion folgendes ehrerbietig vorzustellen.

Soll die Straße links vom Dorf durch das Feld geführt werden, so müßten in einer bedeutenden Strecke sehr gute, zum Teil mit vortrefflichen Obstbäumen bepflanzte Grundstücke herangezogen, es müßten zwei Häuser und eine Scheuer am Ende des Dorfes niedergerissen werden, die Communication aus dem Dorf mit den jenseits der Straße liegenden Feldern, Waldungen und dem Flecken Treis an der Lumda wird gänzlich aufgehoben beziehungsweise erschwert und durch kostspielige Anlagen bedingt. Die Kirche, an welcher die Straße herführen soll, wird zum ferneren Gottesdienst, welcher durch das auf der Straße stattfindende Geräusch Störung erleidet, unbrauchbar, und es werden auf diese Weise sehr bedeutende Entschädigungen nötig.  Der Vorteil, welcher durch die neue Straßenanlage zu erreichen steht, scheint uns so unerheblich zu sein, daß man seinetwegen die Nachteile derselben nicht übernimmt. Die gegenwärtige Straße ist in ihrer Richtung zweckmäßig und bequem, die wenigen Abänderungen und Erweiterungen, welche im Dorf als notwenig erachtet werden sollten, sind mit nicht sehr großen Kosten zu bewirken. Die Besitzer der Grundstücke, welche im Dorf etwa zur Straße herangezogen werden sollen, lassen sich hinsichtlich ihrer Entschädigung billig finden.

Noch vor wenigen Jahren ist die Gemeinde gezwungen worden, die Chaussee im Dorf auf ihre Kosten mit einem Aufwand von mehr als tausend Taler pflastern zu lassen. Diese Kosten würden bei Verlegung der Straße weggeworfen sein. Die Straße, wie sie jetzt projektiert wird, wird nicht zweckmäßiger und bequemer als die alte. Gründe des allgemeinen Wohls machen es unter diesen Umständen keineswegs unumgänglich notwendig, daß man den Staat in die ungeheuren Kosten der neuen Straßenanlage stürzt und die Privaten in ihrem Eigentum einschränkt. In letzterer Hinsicht beziehen wir uns auf die humanen Bestimmungen der § 3 und 7 der Verordnung vom 24.  Dezember 1819.

 

Zu diesen allgemeinen Gründen gegen die neue Anlage dürften auch noch die Rücksichten auf die Bewohner des Ortes Sichertshausen hinzutreten. Diese werden durch die Verlegung der Straße außerhalb ihres Orts in ihrer Nahrung geschmälert, indem die Wirte, namentlich der Wirt Bingel, der sich mit seinen Gebäuden besonders dazu eingerichtet hat und jährlich mehrere tausend Taler in Konsumtion bringt, und die Schmiede ihren Verdienst ganz verlieren. Der Landwirtschaft werden die zur neuen Straße heranzuziehenden Grundstücke entzogen, und wenn auch der Bodenwert der Grundstücke ersetzt werden kann, so gewährt doch dieser Ersatz keine hinreichende Vergütung für die dem Boden abzugewinnenden Früchte. Eine Hauptrücksicht bei Straßenanlagen, die auch in Nachbarstaaten befolgt wird, ist die auf den Nahrungsstand der betreffenden Orte, die im vorliegenden Falle bei dem fraglichen Plan außer acht gelassen wird.

Die Fuhrleute, welche, wenn auch nicht im diesseitigen, so doch im darmstädtischen Gebiet Vorspann nötig haben, müssen solchen aus Sicherthausen nehmen. Auch diesen wird durch die Verlegung der Straße die Erlangung des Vorspanns erschwert. Während demnach die Straße in der neuen Richtung dem hiesigen Ort unersetzliche Verluste bringt, trägt sie zur Beförderung des gemeinen Besten nichts bei. Kurfürstliche Ober-Bau-Direktion bitten wir deshalb untertänig:

 

Dieselbe wolle geruhen, die Straße durch Sichertshausen beizubehalten. Der Gewährung dieser Bitte entgegensehend, beharren wir mit dem größten Respekt kurfürstlicher Ober-Bau-Direktion untertäniger

Becker

 

Am 8. Juli 1833 berichtete der Ingenieur Althaus, daß ihm die Entschädigung des Willschen Hauses, des Brunnens, der Bingelschen Mauer und Gartenfläche und schließlich des Zecherschen Gartens wegen Abgrabens der Erde am wichtigsten erscheine. Der Verkauf des Willschen Hauses auf Abbruch könnte etwa 80 Taler Erlös bringen. Der Gemeindebrunnen mußte versetzt werden.

 

Ende Oktober 1833 war die Serpentine gebaut, die Kosten betrugen 815 Taler 16 Albus. Und im Februar 1834 konnte Ingenieur Althaus melden: »Ursprünglich waren zur Straßenverbesserung in Sichertshausen 2000 Reichstaler vorgesehen und bewilligt worden. Tatsächlich beliefen sich die Kosten dann aber auf 1560 Reichstaler. Die sämtlichen Arbeiten sind nunmehr ausgeführt und recht schön geworden, wobei die Bankette und Gräben gepflastert und die Kanäle verbessert worden sind.«

 

Klagen im Anschluß an den Straßenbau

Am 24.  Juni 1841 bat Johannes Bodenbender die Oberbaudirektion um Entschädigung des ihm durch die Erhöhung der Landstraße entstandenen Nachteils.  Beim Bau der Straße hatte man längs seinem ganzen Wohnhaus drei bis vier Fuß breites Eigentum enteignet, um dort den Kanal anzulegen, weil die Straße zu eng war. »Der damals angelegte Kanal führt nun dicht neben meinem Wohnhause und einem mir gehörenden Stalle vorbei.  Bald aber nach Anlegung desselben zeigte es sich, daß mein Keller dadurch ganz unbrauchbar geworden war.  Ich führte deshalb Beschwerde bei dem damaligen Straßenbaumeister Althaus; dieser ließ auch sogleich durch den hiesigen Wegewärter Will die an den Kanal grenzende Mauer meines Kellers mit Zement bestreichen, um sie gegen das Eindringen des Wassers zu schützen, und er versprach im Beisein des hiesigen Erhebers Schneider: sofern dieses nicht helfen sollte, so würde er das Wiederinstandsetzen meines Kellers in den Straßen-Reparatur-Etat aufnehmen und vollziehen lassen.  Der an meiner Kellermauer angebrachte Zement versagte bald seine Dienste, und mein Keller ist nun wegen Eindringen des aus dem Kanal kommenden Wassers unbrauchbar.  Doch dies ist noch der Nachteil nicht allein, welcher mir durch diese Straßenveränderung zugefügt wurde.  Auch längs meinem Stall wurde mir drei bis vier Fuß breites Eigentum weggenommen und der Kanal dicht neben dem Gebäude aufgeführt.  Diesem Stall droht jetzt der Einsturz; doch es ist mir unmöglich, denselben ohne Verletzung der Kanalmauer wieder aufzubauen, und welche bedeutenden Kosten verursacht mir dann das Wiederinstandsetzen derselben.  Da nun der Straßenbaumeister Althaus nicht mehr hier angestellt ist und ich also denselben, das gegebene Versprechen zu halten, nicht mahnen kann, so sehe ich mich genötigt, der kurfürstlichen Oberbaudirektion meine Lage darzustellen und dieselbe um Schadloshaltung sowohl hinsichtlich meines unbrauchbar gewordenen Kellers als auch des vorzunehmenden neuen Aufbaus meines Stalles zu bitten, widrigenfalls ich sonst gezwungen bin, klagend aufzutreten.«

Am 15. Juli 1841 präzisierte der neue Landbaumeister Regenbogen den Fall. Ein für Bodenbender entstandener Nachteil sei nicht zu leugnen, wenn auch der angebliche Verlust einer drei bis vier Fuß breiten Grundfläche vor dem Hause in Zweifel zu ziehen sei. Die Kanalplatten ruhen nämlich auf der Sockelmauer des von Bodenbender zu erneuernden Stalles, und diese Sockelmauer sei bei Anlage des Kanals noch um 1 !/2 Fuß weiter unterfangen. Der Bittsteller sei daher genötigt, bei dem vorhabenden Neubau eine soviel tiefere Fundament- und Sockelmauer auszuführen und zugleich längs dem Gebäude die Kanalplatten abzuheben und wieder aufzulegen. Diese Arbeiten erfordern einen Kostenaufwand von 14 Talern und er trage an, diesen Betrag dem Bittsteller als Entschädigung ein für allemal zu bewilligen unter auf jede andere Entschädigung wegen der durch den Kanal angeblich seinem Wohnhause zugefügten Nachteile, da fast alle Anlieger an dem Kanale mit Bodenbender hinsichtlich des Wassereindringens in den Keller in der gleichen Lage seien.

Johannes Zecher erklärte am 12.  Juli 1841: »Ich erkläre hiermit in Gegenwart des Chaussee-Gelderhebers Schneider, daß ich mein Schmiedegebäude, welches zu dicht an der Straße steht, auf meine eigenen Kosten abbrechen und auf einem mir gehörenden Platze wieder aufbauen lassen will und alsdann die Grundfläche, welche zur Verbreiterung der Straße nach Anordnung des Herrn Landbaumeisters Regenbogen erforderlich ist, von meinem Eigentum an den Staat abtreten will für den Kaufpreis von 50 Reichstaler unter der Bedingung, daß nach gerichtlich abgeschlossenem Vertrag mir die betreffende Summe ohne Verzug ausbezahlt werde, damit ich den Aufbau meines Schmiedegebäudes hierdurch wieder bewirken kann.«   (51)

 

Extrakt aus  dem Duplikat-Steuerkataster

der Gemeinde   Sichertshausen, publiziert in 1767 (zum Gebrauch bei der Abtretung zum Straßenbau) (Hier wird zunächst die Hausnummer mit dem Namen des Besitzers genannt, dann wird gesagt, von wem der Besitzer das Land hat, was es für ein Land ist - Erbland oder Lehen -, wie gezehntet wird und wo das Land liegt, dabei nennt man die Nachbarn.)

 

Haus Nr. 6 - Johannes Bodenbender

besitzt pro Januar 1823 durch seine Ehefrau Luise Schweizer nach Anschlagskontrakt vom 2. März 1821 ein Lehngut der Pfarre zu Fronhausen und zins- und beide Sterbefälle lehnbar.  Dazu gehört u. a. Lehnland, zehntet in hiesigen Zehnten die elfte Garbe, an der Straße zwischen Heinrich Euler und Adam Bickell.

 

Haus Nr. 20 - Johannes Ruppert

besitzt pro Januar 1832 von Peter Ruppert nach Ehe- und Anschlagsvertrag vom 26.  August 1831 Haus, Scheuer, Stallung und Hofraide an Kaspar Findt und George Becker, Altgarten an Heinrich Gilbert.  Hiervon wird abgegeben jährlich in die Renterei Treis ein Rauchhuhn, 4 Meste Gerichtshafer, 8 Albus Dienstgeld, wegen der Fuhr- und Handdienste 4 Steuergulden 25 Albus und 4 Heller, und wegen der Handdienste 8 Steuergulden 22 Albus 3 Heller.  An den Fürsten zu Weilburg ein Bedehuhn, an den Schuilehrer 2 1/2 Metze Korn und 2 Laibe Brot.

 

Haus Nr. 31 - Johann Henrich Lepper

besitzt Zugang pro Januar 1837 von Johannes Lepper Erben nach Teilungsvertrag vom 25.  September 1835 Erbland, zehntet in hiesigen Zehnten am Burgweg, an George Bingel Erben.

 

Haus Nr. 10 - Jakob Kraft

besitzt von Heinrich Kraft pro Januar 1837 am Schlag vom 3. Juni 1836 Erbland, zehntet die elfte Garbe in hiesigem Feldzehnten auf den Sohlen, oben Johannes Lepper, unten Johannes Ruth.  An der Straße an Christoph Bingell von Bellnhausen und Johann Heinrich Ruth gelegen.

 

Haus Nr. 22 und 21 - Anton Becker

besitzt pro Januar 1838 nach Ehekontrakt vom 30. Juli 1825 Erbland, zehntet in hiesigen Feldzehnten vor dem Spießwald, stößt auf die Straße an Johannes Kapp zu Bellnhausen.

 

Haus Nr. 53 - Johannes Kapp zu Bellnhausen

besitzt pro Januar 1835 nach Anschlagsvertrag vom 26. Dezember 1833 von Johannes Kapp daselbst Erbland, zehntet die elfte Garbe in hiesigem Feldzehnten vor dem Spieß, vorm Hainbuch zur Hälfte mit Johannes Willershausen zu Fronhausen.

 

Haus Nr. 24 - Heinrich Gilbert

besitzt pro Januar 1828 von Johann Konrad Gilbert nach Ehekontrakt vom 20.  Mai 1826 ein Haus und Scheuer aneinander bei Gotthard Lemmer und Peter Ruppert.  Hiervon wird abgegeben jährlich in die Renterei Treis ein Rauchhuhn, 4 Meste Gerichtshafer, die Fahrdienste mit 8 Steuergulden 22 Albus 3 Heller, die Handdienste mit 4 Steuergulden 25 Albus und 4 Heller, dem Fürsten zu Weilburg ein Bedehuhn, dem Schuldiener 1 Meste oder 2 1/2 Metze Korn, 2 Laibe Brot.

 

Haus Nr. 28 - Ludwig Bingel

besitzt pro Januar 1822 nach Ehe- und Anschlags-

kontrakt vom 19.  Februar 1814 Haus, Scheuer, Stallung und Hofraide an der gemeinen Straße Erbgarten, den Garten am Holzplatz an der Dorfstraße.  Zugang pro Januar 1833 von Johann Conrad Ruth nach Kaufbrief vom 22.  Februar 1832 Erbland, zehntet in hiesigem Zehnten auf den Sohlen, an Christoph und George Bingel.  Zugang pro Januar 1824 von J. Dietrich Bingel zu Niederweimar nach Kaufbrief vom 17. Juli 1822 Erbland, zehntet wie vor vorm Hainbuch an der Landstraße und Conrad Zecher.  Hiervon wird abgegeben in den Kasten zu Treis 2 Albus 8 Heller Grundzins, in die Renterei Treis 4 Albus 8 Heller Zins, der Pfarre zu Treis 1 Albus 6 Heller Grundzins, 1 Gans, 1 Hahn.

 

Haus Nr. 28 - Heinrich Bingel

besitzt pro Januar 1833 von George Bingel nach Teilkontrakt vom 12.  Januar 1832 Erbland, zehntet in hiesigem Feldzehnten am Burgweg an Johannes Bodenbender und Bernhard Schneider.

 

Haus Nr. 30 - George Henrich Greiff

besitzt pro April 1799 von seinem Vater Johann Henrich Greiff nachstehende Güter erblich: Erbland, zehntet in hiesigem Feldzehnten vorm Burgwald an Johann George Bingel und Christoph Bingel von Bellnhausen.

 

Haus Nr. 37 - Johannes Geisler und Ehefrau besitzen pro Januar 1834 durch seine Ehefrau Elisabeth geb.  Bingel nach Ehekontrakt vom 8. Juli 1833 von Christoph Bingel Erbland, zehntet in hiesigem Gemeinsfeldzehnten die elfte Garbe auf der Sohle an Johann Adam Barthell und Johann Henrich Krag.  Pro Januar 1833 Zugang von Georg Bingel nach Teilkontrakt vom 12.  Januar 1832 Erbland, zehntet in hiesigem Zehnten vor dem Hainbuch an Johannes Zecher und George Becker.

 

Haus Nr. 27 1/2 - Johannes Finck

besitzt Zugang pro Januar 1828 von Heinrich Stingel nach Kaufbrief vom 16.  November 1822 und 28. Oktober 1826 und Meßsituation vom 29.  August 1827 Erbgarten an Gotthard Greiff Witwe Hofraide an der Straße.

 

Haus Nr. 2 - Johann George Lepper 11, (Johannes Sohn)

besitzt pro Januar 1836 nach Ehe- und Anschlagskontrakt vom 7. Juli 1828 von Johannes Lepper ein Lehngut dem Stift zu Wetter zins- und lehnbar, das »Claußengut« genannt, dazu gehört u. a. Lehnland, zehntet in hiesigem Feldzehnten die elfte Garbe 'auf den Sohlen, am Herrschaftsacker.

 

Haus Nr. 3 - Heinrich Schwarz 1

besitzt pro Januar 1816 von Caspar Schwarz ein Lehngut zur Hälfte, das »Weydelsgut« genannt, dem Stift zu Wetter zins- und lehnbar, dazu gehört u. a. Lehnland, zehntet mit hiesigem Feldzehnten die elfte Garbe an der Straße an Johannes Adam Barthel und Ludwig Gilbert.

 

Haus Nr. 11.4 - Johann George Will besitzt pro Januar 1826 durch seine Ehefrau Catharina von deren verstorbenem Vater Heinrich Lemmer nach Anschlagskontrakt vom 26.  November 1824 Haus, Scheuer und Hofraide an der Straße.  Hiervon wird abgegeben jährlich in die Renterei Treis 1 Rauchhuhn, wegen 5/8 Handdienste 3 Steuergulden 12 Albus 4 Heller, wegen 3/8 Kutscherdienste 1 Steuergulden 13 Albus, dem Schulmeister 2 1/2 Metze oder 1 Meste Korn, 2 Laibe Brot.

 

Haus Nr. 36 - Johannes Zecher 1, Conrads Sohn

besitzt pro Januar 1823 nach Ehekontrakt vom 16. November 1821 von Conrad Zecher ein Lehngut, welches der Universität Marburg zins- und lehnbar ist.  Dazu gehört u. a. ein Lehnhof samt einer Scheuer an George Becker und Gotthard Lemmer.  Lehngarten zehntfrei, der niedere Garten an George Bingel und George Becker.  Hiervon wird abgegeben in die Renterei Treis 4 Meste Gerichtshafer, dem Schulmeister 1 Meste Korn, 2 Laibe Brot.

 

Haus Nr. 5 - George Becker

besitzt pro 1816 von Johann Jost Becker ein Lehngut der Universität Gießen modo Marburg zins- und lehnbar.  Dazu gehört u. a. Lehngarten, der niedere Garten an Johannes Adam Barthel modo Johann George Bingel.

 

Währschaft

Das Wort kommt von bewahren.  Das war eine Belastung, die auf dem Grundstück oder dem Hause lag, eine Verpflichtung, eine Bürgschaft,- Gewähr, Sicherheit.

modo - ,nun", jetzt«. (51)

 

Anschlagskontrakt

Wollte ein Mensch seinen Besitz auf Erben übertragen, so wurde ein Vertrag  abgeschlossen.  Bestimmte Rechte und Pf7ichten wurden zusammengezogen.

 

Rauchhuhn

Das war eine Herdsteuer.  Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert gebräuchliche Bezeichnung einer

Steuer, die nach Herden (Haushaltungen) oder Rauchfängen (Häusern) erhoben wurde und eine Art Gebäudesteuer darstellte.

 

Landmesser

Nach der Vermessung der Gemarkung durch den Landmesser trug derselbe alle Daten in dicke Folianten ein, es waren die »Stück-, Steuer- und Lagerbücher« der Dorfschaft.  Er fertigte weiter die Dorfkarte und die Katasterbeschreibungen der im Dorf vorhandenen Häuser an. (57)